Von Trennungsschmerz keine Spur?

BOOKCROSSING. Habt ihr schon einmal irgendwo ein Buch in einer Zip-Tüte gefunden und euch gewundert, wer es dort abgelegt hat und warum? Habt ihr dann den Vermerk auf diesem Buch gelesen, der auf das internationale Spiel namens »bookcrossing« hinweist? Ich möchte euch heute erklären, was das ist, wie ich dazu kam und warum es für mich keine Option mehr ist.

Bookcrossing ist interessant und unterhaltsam - sollte aber unbedingt modernisiert werden.
Bookcrossing ist interessant und unterhaltsam – sollte aber unbedingt modernisiert werden.
Wie ich zu bookcrossing kam

Im Jahr 2009 fand ich im Kurpark in Bad Wörishofen zu Füßen der Sebastian-Kneipp-Statue ein Buch. Es war wettergeschützt in eine Ziptüte verpackt und mit einem Aufkleber versehen worden. Auf diesem Aufkleber stand, dass dieses Buch »ausgesetzt« worden wäre und gerne von Hand zu Hand reisen und gelesen werden möchte. Das Buch selbst interessierte mich in diesem Moment nicht. Ich könnte euch nicht einmal mehr den Titel des gedruckten Werkes nennen. Aber das System dahinter und die Geschichte dieses Buches interessierten mich sehr und so nahm ich es mit.

Was ist bookcrossing?

Zuhause setzte ich mich erst einmal mit dem »System bookcrossing« auseinander. Bookcrossing ist eine kostenlose Plattform, auf der registrierte Mitglieder von anderen Mitgliedern ausgesetzt Bücher orten und einsammeln können. Im Detail sieht das so aus, dass man sich nach der Registrierung einen Aufkleber generieren lässt, auf dem ein Buchcode (BCID) und eine Spielbeschreibung/-erklärung gedruckt ist. Diesen Aufkleber befestigt man nun auf dem Buch und legt dieses irgendwo wettergeschützt ab. Am besten verpackt man es dazu in einen schmutz- und wassersicheren Behälter.
Danach gibt man auf der Seite von bookcrossing.com den Ablageort an, so dass sich andere Mitglieder auf die Suche nach diesem Buch machen können.

Der Finder kann das Buch nun lesen und online darüber berichten. Er schreibt also z.B. wie, wann und wo er es entdeckt hat, ob er es gelesen hat und ob es ihm gefallen hat. Danach schickt er es in der Regel weiter, damit auch noch andere in den Lesegenuss dieses Buches kommen.

Meine Erfahrungen mit bookcrossing

Ich fand die Idee, auf einfachstem Wege Bücher zu tauschen toll! Auch die Spannung, ob ein Buch gefunden werden würde und ob der Finder sich auf bookcrossing melden würde, gefiel mir sehr. Allerdings sah ich von Anfang an auch ein paar negative Seiten. Zum einen gefiel es mir nicht, dass ich einmal gelesene und mir ans Herz gewachsene Bücher irgendwo im Freien aussetzen soll, wo sie dann entweder geklaut oder beschädigt werden könnten. Zweitens bin ich zu einem guten Umgang mit Eigentum und Wertgegenstände erzogen worden. Ein Buch, das einmal (viel) Geld gekostet hat und in einem hervorragenden Zustand ist, wird entweder (auf Flohmärkten, bei ebay, bei amazon etc.) verkauft oder an eine gemeinnützige Einrichtung verschenkt.

Aber weil mich – wie gesagt – die Idee dahinter reizte, entschied ich mich, ein paar alte und in meinen Augen überflüssige Staubfänger auf Reisen zu schicken. Sozusagen als »Testballon«, um das Spiel näher kennenzulernen. Und dabei stieß ich auf einen weiteren Nachteil. Um das Buch wasser- und schmutzgeschützt aussetzen zu können, brauchte ich Ziptüten oder Gefrierbeutel. Diese – und nur diese – konnten den Büchern in meinen Augen ausreichend Schutz bieten. Aber diese waren recht teuer. Das Hobby würde also nicht billig werden. Der Wert des Buches, die Tüte, der Ausdruck des Aufklebers… Und das alles für einen Gegenstand, der vermutlich verloren gehen würde? Irgendwie widersprach das meinem Denken.

Ich probierte es – wie gesagt – trotzdem und schickte meine ersten drei Bücher auf Reisen. Eines platzierte ich in einem Linienbus, eines in einem Zug nach München und eines an einer überdachten Bushaltestelle. Was aus diesen Büchern geworden ist, kann ich euch nicht sagen, denn ich kam kurz drauf zu zwei weiteren negativen Punkten.

Erstens tat sich lange Zeit nichts. Entweder waren die Bücher noch nicht gefunden oder deren Fund noch nicht geloggt worden oder – und das ist noch wahrscheinlicher – ich bekam von alledem nichts mit. Denn zum einen landeten sämtliche Mails von bookcrossing in meinem Spamordner und zum anderen ist die Seite dermaßen unübersichtlich und unattraktiv, dass es mir absolut keinen Spaß machte, mich darauf herumzutreiben. Nach nur wenigen Tagen war die Seite für mich uninteressant geworden und auch wenn mein Spammanager mich immer wieder einmal über aussortierte Mails von bookcrossing informierte, verspürte ich keine Lust,  der Sache weiter nachzugehen.

Im Laufe der Jahre fand noch zwei/drei Mal ein Buch auf Reisen. Ich nahm es mit, las es und schickte es weiter – aber ich loggte den Verlauf nie. Mir war die Seite einfach zu unattraktiv! Die Eingabe des Fundortes, das Erstellen eines Kommentars und das Prozedere bei der »Aussetzung des Buches an einem Ort« war mir einfach zu müßig. Es war mehr Frust statt Lust.

Wie ging’s/geht’s weiter?

Vor ein paar Wochen fand ich während unseres Norddeutschlandurlaubs ein Buch in Bremerhaven fünf/sechs ausgesetzte Bücher und nahm eines mit. Dieses wollte ich heute – nach langem Ringen mit mir selbst – loggen. Plötzlich kam mir die Idee, dass bookcrossing mittlerweile vielleicht attraktiver geworden ist und vielleicht über eine App verfügt, in der man mir einer kurzen Eingabe und der Ortung meines Standorts evtl. einen beschleunigten Logvorgang nutzen könnte. Tja, man könnte meinen, ich glaube noch an den Weihnachtsmann!! Natürlich gibt es keine moderne App (jedenfalls nicht uner IOS)!! Wie komme ich nur auf so eine absurde Idee?

Bookcrossing hat sich in den letzten sechs Jahren um keinen Deut weiterentwickelt. Die Plattform ist genau an dem Punkt stehen geblieben, an dem sie sich schon damals befand. Nein, halt, man kann sich inzwischen mit seinem Facebook- und twitter-Account anmelden. Das war’s aber auch schon!

Inzwischen habe ich gelesen, dass sich eine regelrechte Community gebildet hat, in der sich Bücherfreunde treffen und Bücher tauschen oder sie sich direkt zuschicken. Das ist sicherlich nicht im Sinne des Erfinders, aber durchaus ein Aspekt, der in meinen Augen interessant klingt. Wenn die Plattform diese Kommunikation unterstützt und Buchfreunde sich darüber vernetzen können, dann ist das eine schöne Sache. Ich bin mir aber sicher, dass ich dort keinen Zugang finden werde – aus dem gleichen Grund, warum ich mich sechs Jahre lang dort nicht eingeloggt habe: die Seite ist einfach zu unattraktiv und userunfreundlich. Ich bin mir sicher, dass es viele Facebook-Gruppen gibt, in denen sich Lesebegeisterte treffen, austauschen und verabreden können. Dazu braucht man bookcrossing nicht.

Um dem eigentlichen Sinn der Plattform gerecht zu werden, sollte unbedingt an einer Modernisierung gearbeitet und eine komfortablere App auf den Markt gebracht werden. Das Einstellen/Suchen/Finden der Bücher muss vereinfacht und der modernen Technik angepasst werden, denke ich. Außerdem wäre das Hinterlegen von GPS-Daten eine weitere Option, die man in Betracht ziehen sollte. Schließlich ist es heute überhaupt kein Problem mehr, GPS-Daten per Smartphone auszulesen und diese auf eine Webseite zu hinterlegen. So würde man immer und überall sehen können, wo sich gerade ein Buch befindet.

Fazit

Ich finde die Idee, die hinter bookcrossing steht, wunderbar: man schickt Bücher auf Reisen, um jedem den Zugang an sonst recht teuren Lesestoff zu erleichtern. Vielleicht erreicht man damit den einen oder anderen Lesemuffel, der sich dann für ein Buch erwärmen kann, dass er sonst vielleicht nie gelesen hätte. Leider ist die Seite in meinen Augen extrem unattraktiv und sollte unbedingt der modernen Technik angepasst werden. Eine App wäre da sehr hilfreich.

In diesem Sinne… Gedanken sind frei… eure Dotti