Terror – Ferdinand von Schirach (Buchrezension)

BUCHREZENSION. Heute rezensiere ich für euch das Buch »Terror« von Ferdinand von Schirach, das für viel Diskussionsstoff gesorgt hat und monatelang in aller Munde war. Das nur 176 Seite umfassende Büchlein ist im btb-Verlag erschienen und kann unter der ISBN 978-3442714964 bestellt werden.

| Fakten
Titel: Terror: Ein Theaterstück und eine Rede
Autor: Ferdinand von Schirach
Verlag: btb
Seitenzahl: 176
Preis: 10.- Euro (Taschenbuch)
ISBN: 978-3442714964

| Autor
Ferdinand von Schirach wurde 1964 geboren und arbeitet u.a. als Strafverteidiger in Berlin. Der Schriftsteller ist u.a. durch „Der Fall Collini“, „Verbrechen“ und „Schuld“ bekannt geworden. Alle drei Bücher wurden Bestseller.

| Inhalt
Ein Terrorist kapert ein Flugzeug der Lufthansa und droht damit, es auf die voll besetzte Allianz-Arena in München zu steuern. Gegen den Befehl seines Vorgesetzten schießt der Kampfpilot Lars die Maschine ab. Dafür muss er sich vor Gericht verantworten. Die Leser/innen haben nun die Möglichkeit, der Verhandlung als „Schöffen“ beizuwohnen und über das Urteil abzustimmen.

| Meine Meinung
Ich habe das Buch als kostenloses Rezensionsexpemplar erhalten. Als ich das kleine Päckchen auspackte, war ich sehr verwundert, dass ich ein sehr dünnes Büchlein in der Hand hielt. Ich hatte mit einem dicken Schmöker gerechnet. Weil das Thema sehr umfangreich und diskussionswürdig klang, dachte ich, könnte man es unmöglich in ein dünnes Büchlein pferchen. Neugierig nahm ich das Buch in die Hand und war sofort von der Verarbeitung begeistert. Das Buch lag angenehm in der Hand und fühlte sich zwischen den Finger einfach wunderbar an. Der etwas dickere, doppelt eingeschlagene Umschlag mit dem rauen Karton vermittelte einen sehr wertigen Eindruck. Ich bekam sofort Lust, das Buch zu lesen.

Als ich es aufschlug, wurde ich ebenfalls überrascht. Ich wusste zwar, dass es sich bei dem Buch um ein Theaterstück handelt, aber dass es auch in diesem Stil geschrieben wurde, war mir nicht bewusst gewesen. Ich fing sofort mit dem Lesen an und war schon nach kurzer Zeit gefesselt. Mir gefiel dieser selten gewordene Schreibstil hervorragend.

Das Theaterstück, dass seit über einem Jahr erfolgreich auf deutschssprachigen und ausländischen Bühnen aufgeführt wird, habe ich weder gesehen, noch habe ich davon allzu viel mitbekommen. Ich ging also sehr unvoreingenommen an das Thema ran. Ein Pilot tötet 164 Passagiere eines Flugzeugs, um 70.000 Menschen in einem Fußballstadion zu retten. Ist das moralisch zu vertreten, war die erste Frage, die ich mir stellte. Darf es sein, dass man „eine kleine Menge“ an Menschenleben opfert, um „zigtausend Menschen“ zu retten? Spontan hätte ich mit einem deutlichen „Ja“ geantwortet.

Doch im Laufe des Lesens kamen mir immer wieder Zweifel und ich wurde ständig hin und her gerissen zwischen einem Für und einem Wider.

Als ich das 176 Seiten dünnes Büchlein nach dem Auspacken in den Händen hielt, dachte ich: „Da werde ich schnell durch sein.“ – Dass ich dann aber so lange daran lesen würde, hätte ich auch nicht gedacht. Ich musste viele Stellen ein zweites Mal lesen, weil ich meine Meinung ständig revidieren wollte und noch einmal einen Absatz nachlesen musste, um mich zu korrigieren. Das war aber auch sehr spannend und faszinierend – Ähnliches habe ich noch nicht erlebt. Ob das Urteil richtig ist oder nicht, möchte ich in meiner Rezension nicht beantworten. Hier soll es darum gehen, ob das Buch lesenswert ist oder nicht. Ich finde es absolut lesenswert und kann es nur wärmstens empfehlen. Es regt enorm zum Denken an und hat meine Gefühle in eine wahre Achterbahn verwandelt.

Nach dem Lesen suchte ich das Gespräch mit Freunden und Kollegen, um das Gelesene aufarbeiten zu können. Wir kamen auf keinen gemeinsamen Nenner und auf keine akzeptable Lösung.

Das Buch wurde auch in der Öffentlichkeit scharf diskutiert und das wird wohl auch ein Grund sein, warum es – zusammen mit dem Theaterstück und dem Film – ein so großer Erfolg ist. Auf Amazon wird das Buch mit 3,5 bewertet, was ich persönlich nicht verstehen kann. Mich hat es fasziniert und noch lange nach dem Lesen sehr beschäftigt.

Um es noch einmal deutlich zu machen: ein Urteil zu diesem Fall kann und will ich mir nicht erlauben. Ich bin froh, dass ich kein Richter bin, der darüber entscheiden muss. Ich glaube allerdings auch, dass diese Moralfrage NIEMAND beantworten kann. Sicherlich werden die Fachleute, wenn sie nüchtern unsere Gesetze betrachten, auf eine pragmatische Antwort kommen. Aber ist das auch die bestmögliche moralische Lösung? Ich weiß es nicht. Ich bin sehr froh, dass ich nicht in der Haut derer stecken muss, die darüber ein Urteil fällen müssten.

| Erwähnenswerte Details
Das Stück wurde, wie gesagt, auf zahlreichen Bühnen aufgeführt und die Zuschauer durften am Ende entscheiden, wie das Urteil ausfallen soll. Ca. 60 Prozent plädierten auf „nicht schuldig“. Die Ergebnisse können unter http://terror.theater/ eingesehen werden. Die länderspezifischen Unterschiede finde ich sehr spannend. Am 17. Oktober wurde der Film zum Theaterstück im ZDF ausgestrahlt. Bei einer anschließenden Diskussion bei „Plaßberg“ durften die Zuschauer auch hier über das Urteil abstimmen.

| Fazit
Ich finde „Terror“ von Ferdinand von Schirach sehr, sehr interessant und spannend. Ich stürzte mich während des Lesens in eine wahre Achterbahn von Gefühlen. Die Diskussionen, die ich nach dem Lesen mit Freunden, Bekannten und Kollegen führte, gingen bis ins Unermessliche. Viele Aspekte wurden aufgeworfen und wieder verworfen und wir waren alle hin- und hergerissen zwischen „Moral und Gesetz“.

Deshalb: Absolute Leseempfehlung!!!

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